Seelenfutter 6. Juni 2021: gehorchen
Über den Juni ist ein schwieriger und provozierender Satz der Bibel gestellt: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apostelgeschichte 5,29). Und nicht nur das. Dieser Satz ist schon oft missverstanden und missbräuchlich verwendet worden. Er konnte etwa in den zurückliegenden Monaten dazu führen, dass manche fundamentalistisch angehauchten freien christlichen Gemeinden die staatlich verordneten Corona-Regeln nicht eingehalten haben und bei einem Corona-Ausbruch in der Gemeinde nicht mit den Behörden bei der Nachverfolgung der Kontakte zusammenarbeiten mochten. Damit haben sie gleich sowohl alle anderen seriösen freikirchlichen als auch die landeskirchlichen und katholischen Gemeinden, die sich zum Schutz der Menschen bestmöglich an die staatlichen und kirchlichen Vorgaben gehalten haben, in Misskredit gebracht. Oder: Bis vor wenigen Jahrzehnten galt die Autorität des Pfarrers, Priesters und Pastors als unangefochten. Weil er Gottes Wort verkündet und verkörpert hat. Ihm durfte man nicht widersprechen. Die Pfarrer haben so manches Mal ihr unhinterfragtes Ansehen genutzt, um junge Menschen zu indoktrinieren, bloßzustellen, körperlich zu züchtigen oder gar sexuell zu missbrauchen. Wie viele Menschen-Seelen sind da an missbrauchter geistlicher Autorität und falsch verstandenem Gehorsam zerbrochen! Und auch bei der Aufarbeitung scheint man vielfach mehr menschlichen Bedürfnissen nachzukommen als auf Gott zu hören. Traurige Tiefpunkte sind die Auflösung eines Betroffenen-Rates durch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) vor ein paar Wochen und das aktuelle Rücktritts-Angebot des katholischen Kardinals Reinhard Marx an Papst Franziskus, in dem er von persönlicher Mitverantwortung in einem systemischen Versagen der Kirche gesprochen hat. Die Vergehen und Missbräuche von kirchlichen Vertreter*innen in den letzten Jahrzehnten sowie die schleppende Aufarbeitung haben dem Ansehen der Kirchen und christlichen Gemeinden nachhaltig geschadet! Und viel Vertrauen verspielt, das erst wieder mühsam aufgebaut werden muss. Und das in Zeiten, in denen es sowieso schon schwerer denn je ist, Menschen davon zu überzeugen, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen.
Womit wir wieder beim Satz aus der Bibel wären, der
uns gedanklich und im Herzen mindestens durch diesen Monat begleiten soll. Nach
den erwähnten kirchlichen Vergehen, aber auch nach der düsteren Nazizeit und
den autoritätskritischen 68ern sind wir in einer Zeit der Betonung des freien
Individuums zu Recht kritisch gegenüber allen Formen von Bevormundung und
Gehorsam. Wir Menschen können uns irren oder Böses im Schilde führen. Zu viele
bewusste Falsch-Meldungen sind im Umlauf, als dass wir blindlinks Nachrichten
oder Meinungen vertrauen könnten. Auch staatliche Anordnungen sollten wir
kritisch hinterfragen. Erst recht, wenn Grund- und Freiheitsrechte
eingeschränkt werden wie jetzt in der Corona-Pandemie. Aber welchen Maßstab
lege ich dann bei der Beurteilung von menschlichem Denken und Tun an. Welchen
Grundsätzen kann ich – wenn auch kritisch und nicht ohne Zweifel – gehorchen
und ihnen vertrauen?
Der Blick vom Krappenfelsen hinunter ins Dorf Trulben im Pfälzer Wald bei Pirmasens soll uns helfen: Wir leben als Menschen in einer Gemeinschaft zusammen. Dazu braucht es gegenseitiges Vertrauen. Und auch die Gewissheit aus Erfahrung, dass ich mich aufeinander verlassen kann. Dann kann ich auch den Rat eines anderen annehmen, kann auf ihn hören. Damit unser Zusammenleben funktioniert, braucht es neben Vertrauen auch Regelungen. Diesen staatlichen Gesetzen und Anordnungen muss ich erst einmal „gehorchen“, sonst gibt es Chaos. Aber: Mein Blick auf die anderen und die gesetzlichen Regelungen geht für mich als Christin oder Christ immer durch den Filter des Kreuzes. Und das erinnert mich an Jesus und damit an Gott. Das, was andere mir raten, das, was staatliche Gesetze mir vorgeben oder das, was ich selbst für richtig halte, muss sich immer messen lassen am höchsten Grundsatz, den Jesus im Namen Gottes aufgestellt hat: Liebe Gott und dann die anderen Menschen wie dich selbst. Aus dieser allgemeinen christlichen Grundregel ergeben sich alle anderen Lebens- und Verhaltensregeln. Sie ist der Gradmesser für alles Denken und Handeln. Mit ihr im Kopf und im Herzen schaffe ich es, kritisch gegenüber aller Bevormundung zu bleiben und Gott im guten Sinne mehr zu gehorchen als den Menschen. Gott gebe uns allen die nötige Kraft und das nötige Vertrauen dazu.
In eigener Sache:
Alles hat seine Zeit, steht schon in der Bibel. Auch das sonntägliche „Seelenfutter“. In Zeiten der Corona-Beschränkungen war es eine gute Möglichkeit, Kontakt miteinander zu halten und Euch und Ihnen in schwieriger Zeit etwas zur Stärkung mitzugeben. Die sinkenden Corona-Fall-Zahlen als auch die vermehrten Impfungen ermöglichen Schritt für Schritt Lockerungen und immer mehr „Normalität“. Hoffen wir, dass es so bleibt. Wir dürfen uns wieder mehr direkt begegnen und uns einfacher treffen. Auch zu Gottesdiensten und zu Veranstaltungen. Und doch möchte ich das „Seelenfutter“ nicht ganz einstellen. Gerade für diejenigen, die nicht (mehr) z. B. zum Gottesdienst kommen können. Ab jetzt wird es einmal im Monat erscheinen.
Ich bedanke mich von Herzen für alle wertschätzenden Rückmeldungen sowie manche Spende zum „Seelenfutter“ in den letzten Monaten. Dass meine Beiträge bei Euch und Ihnen so gut angekommen sind, hat mich sehr gefreut und bestärkt, weiterzumachen!
Sie sind/Ihr seid jederzeit herzlich willkommen in unseren Gottesdiensten. Dort gibt es auch weiterhin jeden Sonntag neues „Seelenfutter“J.
Hier die Gottesdienste im Juni:
- Sonntag 13. Juni: 10 Uhr Gottesdienst in Bosenbach; bei guter Witterung auf dem Außengelände des Freibads, sonst in der Kirche
- Sonntag 20. Juni: 10.30 Uhr Gottesdienst im Dorfgemeinschaftshaus Niederstaufenbach
- Sonntag 27. Juni: 9.30 Uhr Gottesdienst in Kollweiler; bei guter Witterung an, sonst in der Kirche
Wer zuhören und mitsingen möchte:
Gerne gebe ich Euch und Ihnen noch etwas für die kommenden Wochen mit:
Bleibt weiter behütet, gesund und zuversichtlich!