Gründonnerstags-Gedanken 9. April 2020: Freundschaft bleibt
Tritt man durchs Eingangsportal in die Jettenbacher Kirche, dann blickt man am anderen Ende der Kirche über dem Altarraum geradewegs auf ein großes rundes Fenster. Am Abend leuchtet es besonders schön in seinen vielen Farben. Ein zentrales Bild in der Kirche. Ein wichtiges. Da geht es wohl ums Eingemachte. Und tatsächlich: Auf dem Fensterbild ist eine sehr wichtige Szene aus Jesu Leben zu sehen. Sie gehört zum Gründonnerstag heute. Wir erinnern uns daran, wie Jesus vor seiner Gefangennahme, seiner Verurteilung, Verspottung und seinem Tod am Kreuz zum letzten Mal an einem Abend ein Mahl mit seinen zwölf Freunden eingenommen hat. Nachzulesen z. B. bei Matthäus 26,17-29. Immer wenn wir bis in unsere Tage Abendmahl miteinander feiern, geht das auf dieses letzte Mahl zurück.
Schmerzhafter Abschied
Immer wenn ich mit Kindern aus der Kindertagesstätte oder aus der Schule etwas genauer dieses Bild betrachte, dann fasziniert es mich wieder. Ist es doch sehr ausdrucksstark. Jesus, ziemlich klischeehaft mit langen Haaren, Bart und Heiligenschein steht vor seinen Freunden. Die knien teilweise vor ihm nieder. Schauen wie gebannt auf Jesus. Manche bittend, ja flehentlich. Manche sorgenvoll und traurig, nachdenklich. Was ist da los? Anders als auf anderen Bildern vom letzten Abendessen Jesu mit seinen Freunden, ist es kein Mahl am Tisch. Hier wird etwas gesagt und ausgeteilt. Darum geht es. Jesus kündigt seinen Weggefährten an, dass er sie bald verlassen wird, dass er sterben wird. Eine Katastrophe für die Freunde. War Jesus doch ihr großer Meister, ihr großes Vorbild. Hatten sie darauf gesetzt, dass er die Welt verändern wird. Als Sohn Gottes. Und jetzt doch wieder alles ganz menschlich, endlich. Da geht ein guter Freund. Und dann hinterfragt er sogar beim Abschied die Freundschaft: Einer von euch wird mich verraten, sagt er. Und alle gucken sich an und fragen sich: Meinst du mich? Nein, ich doch nicht! Wir sind doch Freunde. Aber einer macht sich schon klammheimlich auf den Weg. Das entdecken die Kinder immer sofort. Und wissen es: „Da, der Judas, hinten links. Der stiehlt sich davon. Und guckt ganz grimmig. Ja, der isses bestimmt!“ Auch in jeder noch so guten Freundschaft kann es auch mal Belastungen, Schwierigkeiten, Auseinandersetzungen, Fehltritte geben.
Freundschaft, die bleibt
Aber trotzdem: Jesus teilt seinen Freunden das Brot aus. Und den Kelch mit dem Wein. Wie hier auf dem Bild. Und sagt: Immer wenn ihr davon esst und trinkt. Dann denkt an mich. An unsere Freundschaft. An eure Freundschaft mit Gott. Gottes Freundschaft mit euch. Ich werde zwar sterben. Aber wir werden immer miteinander verbunden bleiben. Egal, was kommt, die Freundschaft zwischen Gott und euch bleibt bestehen. Selbst wenn es schlimm kommt. Selbst wenn ihr euch nicht wie ein Freund verhaltet, mich verratet, euch nicht traut, zu mir zu stehen. Meine Freundschaft mit euch bleibt. Gottes Freundschaft mit euch bleibt.
Gerade jetzt: Freundschaft spüren
In der schwierigen Zeit der Corona-Krise jetzt ist sehr viel anders als gewohnt. Da ist vieles sehr ungewiss. Wer weiß, wie noch alles kommt. Da suchen wir jetzt schon nach Dingen, die bleiben, die uns Halt geben. Gerade in diesen Tagen hat mir jemand erzählt, dass er verwundert ist, wie viele Freunde sich jetzt wieder melden. Freunde auch, von denen er schon länger nichts mehr gehört hat. In Zeiten der nötigen und verordneten sozialen Distanz tun gerade freundschaftliche Kontakte gut. Blühen Freundschaften wieder auf. Und erweist es sich, wer wirklich auch in dieser schwierigen Zeit, in der jede und jeder irgendwie mit der Situation, mit sich und seiner Familie zu kämpfen hat, wahre Freundin und wahrer Freund ist. Da tut es gut, voneinander zu hören, sich zu schreiben, sich anzurufen. Etwas Vertrautes, etwas, das Halt gibt mitten in der Ungewissheit und der Zukunft mit so manchen Ängsten und Sorgen. Zueinanderstehen. Zusammenhalten. Herzenswärme spüren. Trotz äußerer Distanz.
Erinnern wir uns heute an Gründonnerstag auch noch an eine andere Freundschaft, die uns nicht nur, aber jetzt gerade auch in der ungewissen und sorgenvollen Corona-Zeit Halt, Mut und Zuversicht geben soll: die Freundschaft mit Gott. Sie bleibt. Er bleibt. Egal, was kommt. Sein Versprechen haben wir. Er teilt auch in schwieriger Zeit aus, was uns durchhelfen kann. Brot und Wein stehen für all das, was wir jetzt an Zuwendung, Liebe und Stärkung benötigen.
Was mir heute Kraft und Zuversicht gibt
Heute an Gründonnerstag werde ich das Portal der seit Wochen geschlossenen Kirche bei uns in Jettenbach aufschließen. Werde den Mittelgang bis ganz nach vorne durchlaufen. Mich in die erste Bankreihe setzen. Und mir das Bild betrachten. Es auf mich wirken lassen. Und bin gespannt, was es jetzt in der Corona-Zeit mit mir macht. Ich wünsche mir, dass mir dieses Bild der Freundschaft Gottes mit uns Menschen Kraft und Zuversicht gibt. Ich wünsche mir, dass ich Gottes Freundschaft einfach spüre. Und mir das richtig gut tut. Und Euch und Ihnen auch beim Betrachten des Bildes.
Wer beten möchte:
Gott,
du treuer Freund in ungewisser Zeit,
danke, dass ich spüren kann, dass du da bist,
danke, dass ich bei dir Halt, Geborgenheit und Zuversicht finde,
danke, dass du mich annimmst wie ich bin
auch mit meiner Ungeduld, meinen Schwächen und Fehlern.
Danke, dass du mir immer wieder Freundschaft mit dir und anderen Menschen schenkst.
Danke, dass in dieser schwierigen Zeit so viele freundliche Menschen für uns sorgen.
Ich bitte dich für alle,
die in dieser schwierigen Zeit deine Freundschaft besonders brauchen,
sie vielleicht aber nicht spüren können.
In der Stille denke ich an diejenigen von ihnen, die mir gerade einfallen …
Ich bitte dich, Gott, auch für mich,
lass mich auch in dieser schwierigen Zeit
für die Menschen um mich herum ein guter Freund sein und bleiben.
Lass mich geduldig und nachsichtig sein.
Schenke uns allen die nötige Herzenswärme
und die Kraft zur Freundschaft.
Amen.
Euer und Ihr Pfarrer Norman Roth
PS: Teilt bitte gerne diese Gedanken. Gebt sie gerne auch an diejenigen weiter, die nicht online sind. Vielen Dank.